Wollspinnerei Vetsch

6. September 2019, Pragg-Jenaz

von Simone Müller

Die spinnen doch im Prättigau!

WHW: Wollspinnerei Vetsch, 6. September 2019

Immer wieder hören wir wie Handwerksbetriebe in der Schweiz ihre Türen schliessen. Aus unterschiedlichen Gründen, seien es zu hohe Produktionskosten oder keine Nachfolgeregelung. Nicht so bei der Wollspinnerei Vetsch in Pragg-Jenaz im schönen Prättigau. Bereits seit 125 Jahren wird die Wollspinnerei von der Familie Vetsch geführt. Heute in vierter Generation von Christoph Vetsch mit 7 Mitarbeitern.

In der Spinnerei, Karderei und Färberei in Jenaz wird von der Wollflocke bis zum verkaufsfertigen Fabrikat Kardwolle zum Filzen, aber auch Strick- und Sockenwolle produziert. Die Wolle stammt zum Teil aus der Schweiz, vorwiegen wird aber Wolle aus Neusellenad verarbeitet. Die neuseeländische Wolle ist feiner, hat längere Stapeln und ist einfacher zum Spinnen.

Zuerst wird die Wolle mit Wasser, Seife und einem weiteren Zusatzstoff gewaschen um das Fett und die Verschmutzungen zu entfernen. Wenn das Material gespült und ausgeschwungen ist, muss es getrocknet werden. Dies geschieht mit warmer Luft damit das Wasser verdampft (wie ein Dörrex! Nur grösser)

Das Vorwerk zupft mit groben Nadeln die verfilzten Wollflockenbüschel auseinander. Zudem zermahlt es die Stroh- und Grasreste. Diese Fallen unten aus der Maschine heraus.

Die feinen Nadeln der Kardemaschine (Krempel) öffnen die Flockenbüschel in die einzelnen Fasern. Ein gleichmässiges dünnes Vlies entsteht. Mit einer Waage gelangt immer gleich viel Wolle auf die Maschine, damit ein gleichmässiges Vlies ohne Knöllchen entstehen kann.

Beim Spinnen steuert die Waage die Dicke des Fadens.

Die Farbe kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten hinzukommen. Zum Beispiel wird die Kardwolle zum Filzen zuerst eingefärbt bevor sie kardiert wird, denn durch den Färbeprozess würde das kardierte Vlies sich bereits verfilzen. Es ist jedoch ein luftig, flauschiges Flies gewünscht.

Die Strickwolle wird zuerst in weiss gesponnen und anschliessend werden die Strangen in kleinen Mengen von 5 kg bis 60 eingefärbt.

In der Färberei werden hauptsächlich synthetische Farbstoffe verwendet. Da die synthetischen Farben leuchtender und kräftigere sind und die Reproduzierbarkeit höher ist als mit natürlichen Farben. Die Zusammensetzung der Farben wird im Labor in einem aufwendigen Verfahren getestet und ausprobiert.

Wo früher die Frauen die kardierte Wolle eingekauft haben und zuhause am Spinnrad zu Garn versponnen haben, stehen heute 96 Spinnräder wo gleichzeitig Garn gesponnen werden.

Die Kundschaft der Wollspinnerei Vetsch ist ganz unterschiedlich. Dies kann ein Privatkunden sein, der ein 100gr Wollflies einkauft, oder ein grosser Abnehmer eines Deutschen Unternehmens, die 3 bis 4 Paletten Filzwolle einkaufen. Hauptsächlich sind es Schulen, Filzkurs-Leiterinnen aus Altersheimen oder auch Behindertenheimen.

Spürbar ist auch der wachsende Trend «Do it yourself». Es wird wieder mehr gestrickt und das Tragen einer Wollmütze ist schon lange in, wie Instagram & co zeigen.

Also Männer und Frauen: Ran an die Nadeln – der Winter kommt und die Abende sind wieder länger.

Es war für uns ein sehr spannender Besuch in der Wollspinnerei und sehr eindrücklich die Farbenvielfalt und Weichheit dieses Naturproduktes zu sehen und zu spüren. Ganz herzlichen Dank an Christoph Vetsch.

Für weitere Infos schaut doch bei www.wollspinnerei.ch vorbei.

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